Heute, am 27. Februar 2024, wird von der Schüler*innenvertretung des Niklas-Luhmann-Gymnasiums und vom Bürgermeister der Stadt Oerlinghausen zur Demonstration »Für Vielfalt und Toleranz« aufgerufen. Das KNUP beteiligt sich bei der Demonstration und ruft mit auf.
Da es dem KNUP heute leider verwehrt wurde eine Rede zu halten, hier einige Worte der »Politgruppe« …
Rassistischer Normalzustand
Die »Correctiv«-Recherchen haben einmal mehr gezeigt, dass die AfD eine offen extrem rechte Partei ist. Dass auch CDU-Politikerinnen und rechte Unternehmerinnen an dem Treffen beteiligt waren, ist angesichts der migrationsfeindlichen Haltung der CDU wenig verwunderlich. Doch während die AfD im Geheimen „Remigrationspläne“ schmiedet, ist der Rechtsruck in der Gesellschaft bereits überall zu spüren. Gleichzeitig macht Europa die Grenzen dicht und „reformiert“ das »Gemeinsame Europäische Asylsystem« – das Asylrecht wird immer weiter beschnitten – praktisch abgeschafft und grundlegende Menschenrechte für Asylsuchende eingeschränkt. Massenhafte Abschiebungen, ganz nach der Forderung von Bundeskanzler Olaf Scholz: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben!“, sind bereits jetzt Realität, ohne dass die AfD überhaupt in der Regierung sitzt. Umso absurder ist es, dass Politikerinnen der Regierungsparteien sich jetzt auf Demonstrationen „gegen Rechts“ als die großen Antirassistinnen präsentieren, während sie selbst rechte, migrationsfeindliche Politik betreiben und durch soziale Kürzungen der AfD die Wähler*innen in die Arme treiben.
»Grenzenlose Solidarität«
Doch wir sollten uns nicht daran gewöhnen, dass jeden Tag Menschen im Mittelmeer sterben und dass Seenotrettung kriminalisiert wird, nicht gewöhnen an den rassistischen Normalzustand der Menschen aufgrund ihrer Herkunft in unterschiedliche Nationalstaaten trennt. Stattdessen möchten wir uns solidarisieren, solidarisieren mit den Menschen die alltäglich Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung erfahren. In der Schule, bei der Arbeit, auf der Straße, auf dem Amt, durch die Polizei, und durch die Bundespolitik. Seit Jahren wird befeuert, ignoriert und damit der Weg für den Erfolg der AfD bereitet.
Oerlinghausen und die Mär vom „Sommermärchen“
In einem Aufruf zur Demonstration wird von Bürgermeister Dirk Becker geträumt, wie schön das „Sommermärchen 2006“ der Männer-Fußball-WM war — skurril und gleichzeitig ließ dieses Zitat viele Menschen in Oerlinghausen zusammenzucken. Massenevents mit nationalen Symboliken haben noch nie etwas Gutes hervorgebracht: Ist es doch selbiges Event gewesen, dass durch seine „unverkrampfte“ Deutschtümelei, nicht nur für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verantwortlich war, sondern auch den Boden für die extrem rechte Bürger*innenbewegung „pro Deutschland“ bereitete und nachhaltig den Umgang mit einer deutsch-nationalen Identität veränderte: Es folgten 2013 die rechtspopulistische und extrem rechte AfD, sowie die islam- und fremdenfeindliche, völkische, rassistische und extrem rechte Organisation „Pegida“.
Kontinuität auch in Oerlinghausen
2018 war die letzte zivilgesellschaftlich organisierte Anti-AfD-Demonstration in Oerlinghausen. Lokale Parteigrößen aus CDU, FDP und Freie Wähler wandten sich der Demonstration ab, blieben fern und glänzten mit Aussagen wie, „Der Erfolg der Partei (AfD, Anm. d. Verf.) liegt meines Erachtens zum großen Teil darin, dass ihr durch solche Aktionen wie Demonstrationen zu viel Aufmerksamkeit zuteilwird.“ (H. J. Hünerbein/stellv. Fraktionsvorsitzender CDU Oerlinghausen, Mai 2018) — herunterspielen, fehleinschätzen, ignorieren, bundespolitsche — Kontinuitäten.
Und nein, die AfD hat nicht „jetzt vor wenigen Wochen, bei dem Treffen in Potsdam die Masken fallengelassen und das Gedankengut gezeigt, was wirklich dahintersteht.“ (O-Ton: Bürgermeister Dirk Becker). Das ist eine Verklärung von Tatsachen! Die AfD war, ist und bleibt offen extrem rechts, menschen- und demokratiefeindlich.
Und hey, „Oerlinghausen steht auf!“ – allein dieser Titel zeugt von einer Unsensibilität auf lokaler Ebene. In Nachbarstädten gehen unter solchen Slogans, Neonazis, Schwurblerinnen, Reichsbürgerinnen, Völkische mit AfD Hand in Hand spazieren. Also anders! „Oerlinghausen – Augen auf!“
Nehmen wir also das von der Schülerinnenvertretung und Bürgermeister ins Leben gerufene „Bündnis für Demokratie“ als letzte Chance! Damit der wunderschön klingende Satz „Für Rechtsextremisten ist in unserer Stadt und in unserem Land kein Platz!“ Wirklichkeit wird, muss es mehr als Lippenbekenntnisse geben. Denn aktuell ist in der Stadt und im Land Platz: Sei es im Bekannten- und Kolleginnenkreis, Verein, in der Kneipe und sonst wo! Bei den letzten Wahlen wählten durchschnittlich 700 Menschen, 7,5 %, in Oerlinghausen die AfD.
Der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Böning, der aufgrund seiner Nähe zu extrem Rechten Organisationen, seinen Posten verliert und für ein lokalpolitisches Beben sorgt, kommt, als wäre nichts gewesen als Lehrer an die Heinz-Sielmann-Schule. Ungeachtet, dass er noch Jahre zuvor in Verfassungsschutz-Dokumenten, bei Treffen der erst 2023 verbotenen „Artgemeinschaft“ auftaucht und noch immer die Nähe zur AfD sucht. Jahre fehlte die politische Auseinandersetzung. Lokal ist es ein Abklatsch von dem, was sich bundespolitisch abbildet. 2008 verabschiedete der Rat der Stadt Oerlinghausen eine klare Resolution gegen „jede Form von Neonationalsozialismus, Menschenverachtung, Diskriminierung und Vorurteilen“. Doch den Worten „für antifaschistische Aufklärung“ folgten keine Taten.
Das Bündnis könnte und sollte nun Rechte Räume benennen, aufklären und positiv besetzen. Nur so kann der AfD auf lokaler Ebene etwas entgegengesetzt werden, damit sie weiterhin in Oerlinghausen im politischen Raum keinen Fuß fassen kann!
Unterstützt lokale Gruppen, die sich gegen Rassismus, Nationalismus und gegen die extreme Rechte stellen — unterstützt Betroffene und hört ihnen zu!
»Für die Freiheit, für das Leben!«
Achso: Warum eigentlich dieser Flyer? Ganz einfach: Weil es dem KNUP als lokale Institution, die sich seit Jahrzehnten antifaschistisch einsetzt und eben aus diesem Grund selbst Opfer von Rechten Angriffen wurde, leider durch den Bürgermeister verwehrt wurde, einen Redebeitrag beizutragen, da die Redner*innen-Liste „voll“ war. Dieses ist bedauernswert und enttäuschend.
Demokratie geht nur mit Antifaschismus!
Die Politgruppe vom KNUP, dem Soziokulturellen Zentrum Oerlinghausen
-> Seit bald 50 Jahren steht das KNUP (früher als JZO) für selbstverwaltete Jugend- und Kulturarbeit mit einer politischen Auseinandersetzung. Die Politgruppe engagiert sich und setzt sich mit aktuellen lokalen und überregionalen Thematiken auseinander. Redet mit! Werdet aktiv, organisiert euch, bringt euch ein, schafft eine antifaschistische Kultur!